Saint-Pierre
Heute friedlich am Fuße des Berges Pelée gelegen, war Saint-Pierre dereinst die Hauptstadt von Martinique und wurde vor der Katastrophe, die sie am 8. Mai 1902 in wenigen Minuten von der Landkarte löschte, als „kleines Paris der Westindischen Inseln“ bezeichnet.
Saint-Pierre, die erste Hauptstadt von Martinique, liegt in der am karibischen Meer gelegenen Bucht am Fusse des Mont Pelée.
Am 15. September 1635 erobert Pierre Belain d’Esnambuc die Insel Martinique im Namen des französischen Königs. Sie war bis dahin im vollen Besitz seiner ersten Besatzer, der Kariben. Esnambuc erbaute das Fort Saint Pierre an der Mündung des Flusses Roxelane. Trotz einiger Zusammenstösse mit den Indianern entwickelt sich die Kolonie um das Fort herum, das der Stadt ihren Namen gab. Um die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert ermöglichte es der angewachsene Reichtum, grosse städtebauliche Projekte zu verwirklichen.
Die Eigenschaften des Hafens, die gute Erreichbarkeit und das tiefe Wasser unterstützten die ursprüngliche Standortwahl. Zunächst eine einfache Siedlung, wurde die Stadt zu einem Austauschzentrum zwischen Europa, der Kolonie, und dem afrikanischen Kontinent. Um den Anforderung der stark wachsenden Zuckerproduktion nachzukommen, wurde Ende des 17. Jahrhunderts die Sklavenarbeit eingeführt.
Saint-Pierre, der erste Hafen der Insel, wurde von revolutionären Ideen berührt. 1789 leitete ein Sklavenaufstand eine Phase des Aufruhrs ein, die die starken Gegensätze zwischen der Land- und Stadtbevölkerung aufzeigte, aber auch zwischen den verschiedenen Komponenten der städtischen Gesellschaft. 1794 wurde die Abschaffung der Sklaverei durch die zweite englische Besetzung abgebrochen.
1816 waren die ersten Unruhen vorbei. Saint-Pierre ist zu einer Stadt des materiellen und intellektuellen Austauschs geworden. Die Unruhen von 1848 führten zur sofortigen Proklamation der Abschaffung der Sklaverei. Koloniale Bistümer wurden geschaffen. Im Jahr 1853 wurde die Kirche Mouillage zur Kathedrale ernannt und das College eröffnet.
Saint-Pierre schöpfte seinen Reichtum aus seinen wirtschaftlichen und kommerziellen Aktivitäten. Während der Zuckersektor mit der Eröffnung des zentralen Werks in Guérin im Jahr 1871 modernisiert wurde, entwickelte sich die Stadt auch zu einem bedeutenden Rumproduktionszentrum. Es war eine moderne und hoch entwickelte Stadt.
Saint-Pierre war vor 1902 die Hauptstadt von Martinique mit dem Spitznamen „das kleine Paris der Antillen“. Hier lebten 30.000 Einwohner. Es gab ein Dutzend Rumfabriken, die täglich bis zu 10.000 Liter Rum produzierten.
Der Vulkanausbruch vom 8. Mai 1902 löschte die Stadt Saint-Pierre brutal von der Landkarte. Als der Mont Pelée besorgniserregende Zeichen gab, die einen nahen Ausbruch vermuten lassen konnten, war die Stadtverwaltung zu sehr mit dem Wahlkampf beschäftigt, um Evakuierungsanweisungen zu geben. In wenigen Minuten war nichts mehr von der Stadt übrig. Bei dem Ausbruch, dem tödlichsten des 20. Jahrhunderts, kamen 28.000 Menschen ums Leben.
Als die Hilfe über das Meer ankam, gab es nur zwei Überlebende, einen Schuhmacher und einen Gefangenen, Louis-Auguste Cyparis, der später sein Leben als Zirkusattraktion verdiente.
„“Es war 8.00 Uhr morgens. Sie waren noch nicht gekommen, um mir meine Tagesration zu bringen, als plötzlich ein gewaltiger Krach zu hören war. Jeder rief um Hilfe, ich verbrenne, ich sterbe. Nach fünf Minuten schrie niemand mehr, außer mir, da eine Rauchwolke durch das kleine Fenster meiner Tür hereinströmte. Dieser Rauch brannte so stark, dass ich eine Viertelstunde lang nach rechts und links sprang, um ihm auszuweichen. Nach einer Viertelstunde gab es eine schreckliche Stille, ich schrie, jemand solle kommen und mich retten. Niemand antwortete, also muss die ganze Stadt Saint Pierre bei dem Vulkanausbruch im Feuer untergegangen sein.“
Louis-Auguste CYPARIS, 1902.
Nach 1908 wurden die Ruinen der Stadt wieder ganz langsam besiedelt. Der Wiederaufbau erfolgte der Victor-Hugo-Strasse entlang, ehemals Grand’rue, und das neue Zentrum entwickelte sich um den Platz Bertin.
Im Jahre 1990 wurde Saint Pierre als „Stadt der Kunst und der Geschichte“ klassifiziert, viele Objekte zeugen noch von der Katastrophe. Einige Ruinen sind erhalten geblieben, die eindrucksvollsten davon sind:
- Im Zentrum : das ehemalige Theater und das Gefängnis mit der Zelle von Cyparis, rue Victor Hugo
- Im quartier du Figuier, rue Gabriel-Péri : die Lager und Geschäfte des Hafens
- Die Steinbrücke aus dem Jahr 1766
- Quartier du Mouillage : die Kirche, die Treppengasse Monte-au-Ciel, das Ingenieurbüro
- Die Bucht von Saint-Pierre, wo ein Dutzend der alten Handelssegelschiffe untergegangen ist, inzwischen ein beliebtes Tauchziel
Ebenfalls zu besichtigen ist die alte Börse auf dem Platz Guérin, die Kirche Mouillage, ehemals Kathedrale Notre-Dame de l’Assomption, das Memorial des Vulkanausbruchs, die Statue der Jungfrau für die Seefahrer auf dem Morne Orange, und die Rumbrennerei Depaz, die vom einzigen Überlebenden der Familie Depaz wieder aufgebaut wurde, und der Place Bertin mit seiner Markthalle.
Nach 1902 wurde Fort-de-France aufgrund seiner strategischen Lage in der größten Bucht von Martinique zur Hauptstadt.
Weitere Informationen
- http://fr.wikipedia.org/wiki/Saint-Pierre_%28Martinique%29
- http://fr.wikipedia.org/wiki/Cath%C3%A9drale_Notre-Dame-de-l%27Assomption_de_Saint-Pierre_de_la_Martinique
- http://fr.wikipedia.org/wiki/Liste_des_monuments_historiques_de_Saint-Pierre_%28Martinique%29
- http://fr.wikipedia.org/wiki/Place_Bertin
- http://fr.wikipedia.org/wiki/Quartier_du_Fort_%28Saint-Pierre%29